Karlsruhe, 23. Oktober 2020: Der Fall Saeid Fazloula war in den vergangenen Wochen ausführlich in den Medien vertreten.
Seit beinahe zwei Jahren versuchten er und sein Verein - im Hintergrund - die Verantwortlichen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und der Internationalen Kanu-Föderation (ICF) zu überzeugen, dass Saeid Fazloula, der 2015 nach der Flucht aus dem Iran bei den Rheinbrüdern in Karlsruhe landete, für das Refugee Olympic Team (ROT) vorgeschlagen wird.
Saeid erhielt eine breite Unterstützung vom Baden-Württembergischen Kanuverband, dem Deutschen Kanu-Verband, dem Deutschen Olympischen Sportbund, der Athletenkommisson, dem Verein Athleten Deutschland e.V., dem Sportausschuss des Deutschen Bundestag. Selbst die Ministerin für Bildung, Schule und Sport in Baden-Württemberg, Frau Dr. Susanne Eisenmann, verfasste ein Schreiben an die ICF und das IOC in dem sie ihr Unverständnis ausdrückte. Doch all diese Bitten, um Prüfung der Fakten blieben ungehört und wurden immer wieder mit zum Teilen obskuren Behauptungen, wie zum Beispiel, dass die Flucht Saeids nicht der Wahrheit entspreche, beantwortet. Sogar die Fakten wie etwa die Anerkennung des Flüchtlingsstatus durch die Bundesrepublik Deutschland schienen Saeid nicht zu helfen und wurden von der ICF angezweifelt. Das eigentliche Problem, warum Saeids Traum von einer Olympiateilnahme im Kanu-Rennsport in weite Ferne rückte, war, dass das IOC einen personellen Vorschlag der ICF wollte, aber die ICF aus ihrer Sicht der Dinge dies verweigerte.
Die Vierte Gewalt bringt Bewegung in die Sache
Die lokalen Medienvertreter*innen in Karlsruhe machten seit Jahren immer wieder auf diesen Missstand aufmerksam. Und nachdem sich der freie Journalist Peter Wozny der Sache mit seiner ARD-Dokumentation annahm, kam Fahrt in die Angelegenheit. Wozny recherchierte über sechs Monate mit seinem Team und sammelte unzähliges Material. Stellte immer wieder Nachfragen bei IOC und ICF. Im September kurz vor Ausstrahlung des ersten ARD-Beitrags wurde deutlich, dass sich die ICF langsam intensiver mit dem Fall beschäftigte. Die Stellungnahme von Thomas Konietzko (ICF Vize- und DKV Präsident) direkt einen Tag nach der Ausstrahlung, kam dann allerdings doch überraschend schnell.
„Ich habe so gehofft, aber konnte es fast nicht glauben“, strahlt Saeid noch heute, wenn er über das Telefonat spricht, bei dem er erfahren hat, dass die ICF nun eine Empfehlung an das IOC abgegeben hat und seine Aufnahme ins Refugee Olympic Team unterstützt.
Sein Trainer und Mentor Detlef Hofmann drückt bei aller Freude aber noch auf die Euphorie-Bremse: „Das ist ein erster großer Schritt in die richtige Richtung, aber Saeids Chance bei Olympischen Spielen an den Start zu gehen, ist erst wirklich da, wenn das IOC ihn aufgenommen hat.“ Dies wiederum steht knapp einen Monat nach Empfehlung der ICF noch aus.
Max Hartung, Vorsitzender der Athletenkommission im DOSB, erhielt auf Nachfrage beim IOC die Antwort, dass das IOC eng mit dem DOSB in dieser Sache zusammenarbeitet. Weiter hieß es in dem Schreiben, dass der DOSB als letzter Schritt ein Bewerbungsschreiben für Fazloula für das "Refugee Olympic Scholarship"-Programm senden muss. Saeid Fazloula bangt nun erneut und wünscht sich nichts mehr als endlich die erlösende Nachricht über die vorläufige Aufnahme in das Refugee Olympic Team.
Bericht Matina Tirolf
Bild: GES/Helge Prang
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